Das Vokalensemble Luzern nimmt an der Handlung teil: als Volk Israel, Baalspriesterschaft, Chor der Seraphim und reflektierend.
Wie erscheint Gott? In Mendelssohns Oratorium «Elias» nicht im Sturmwind, nicht im Feuer, nicht im Erdbeben, sondern im stillen, sanften Sausen.
So eindrücklich schilderte das Vokalensemble Luzern mit dem Orchester Capriccio und Solisten die Geschichte, dass niemand sich dem Sog dieser Musik entziehen konnte. Der Chor feierte sein 30-jähriges Bestehen am Samstag im KKL Luzern und bestätigte, was für Leiter Hansjakob Egli den Ausschlag gibt: «Durch die wöchentlichen Proben ist der Chor, anders als viele anderen Chöre, kein Projektchor.» Und weiter: «Wichtig ist auch die Integration junger Leute. Seit einigen Jahren ist es ein erfreuliches Nebeneinander von routinierten Mitgliedern und jugendlichen Gymnasiasten oder Studenten.»
Sicher ist es auch die chorische und Einzelstimmbildung von Gesangspädagogin Dorothea Frisch (Frau des Dirigenten), die massgeblich die ausgewogene Klangkultur des Chors beeinflusst. Dass dieses Konzept hervorragend aufgeht und die Mischung der altersmässig weit gefächterten Stimmen zu einem homogenen Chorklang werden kann, zeigte sich beeindruckend.
Die «entschlackte», durchsichtige Interpretation überraschte. Anfangs wirkte der barocke Klang des Orchesters (Konzertmeister Dominik Kiefer) für dieses Oratorium etwas ungewohnt, schnell aber konnte man erkennen, dass es die spannungsreiche Komposition ausgezeichnet auslotete und ein kongenialer Begleiter für Chor und Solisten war. Die Übereinstimmung der Musiker und Sänger überzeugte, ebenso die hör- und sichtbare Begeisterung aller. Die Spannbreite der wunderbar timbrierten Altstimme von Barbara Erni, die einmal als Königin das Volk aufstachelt, den Elias zu töten, und dann wieder als Engel den erschöpften, verzagten Propheten beruhigt, war sensationell.
Der Bassist Marc-Olivier Oetterli gestaltete den Elias mit hervorragender Verständlichkeit. Robert Maszl, Tenor, überzeugte ebenso. Das Solistenquartett vervollständigte ausdrucksvoll die Sopranistin Letizia Scherrer, die auch die solistischen Einsätze der erkrankten zweiten Sopranistion übernahm.
Was hätte der Komponist gesagt?
Das bekannte «Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir» wurde von einigen Chorsängern klangschön gesungen, das «Hebe deine Augen auf» ertönte lupenrein durch Gina Maria Egli und zwei Choristinnen von der Orgelempore. Packend, dramatisch, flehend, differenziert und in fantastischer Einheit mit dem hervorragenden Orchester meisterte der Chor seine Aufgaben.
«Noch nie ist ein Stück von mir bei der ersten Aufführung so vortrefflich gegangen und von den Musikern und Zuhörern so begeistert aufgenommen worden wie dies Oratorium», berichtete Mendelssohn seinem Bruder Paul damals am Abend der Uraufführung. Vielleicht hätte er hier ähnlich glücklich reagiert.
Gerda Neunhoeffer, Neue Luzerner Zeitung