Hansjakob Egli komponierte ein biblisches Musical aus der kulturellen Alltagspraxis heraus. Auch die Uraufführung verband geschickt verschiedene Stilbereiche über die Generationen hinweg.
"David – A Musical Story" ist ein bibelgeschichtliches Werk, das sich weder eindeutig einer bestimmten Gattung noch einem bestimmten Stil zuordnen lässt (siehe auch Interview mit dem Komponisten Hansjakob Egli im APERO vom letzten Donnerstag). Unverkennbar – und darauf spielt der Titel auch an – sind Musicalelemente enthalten. Musikgeschichtlich werden viele Epochen gestreift, ohne dass deswegen ein heterogener Eindruck entstehen würde: "David – A Musical Story" wirkt sogar in sich ausgesprochen geschlossen, was sicher auch auf die zusammenhängende Handlung, die Lebensgeschichte Davids, zurückzuführen ist.
Diese Geschichte einer widersprüchlichen, aber faszinierenden Persönlichkeit wurde im Luzerner Saal von Eglis Chören, dem Vokalensemble Luzern und dem Chor der Kantonsschule Beromünster, nach dessen eigenem englischen Libretto gesungen. Die Handlung erfuhr jedoch eine zusätzliche bereichernde Dimension: Ivo Meyer, Theologieprofessor an der Universität Luzern, hatte einen poetisch-literarischen Text verfasst, der die Szenen verdeutlichte, ergänzte und auch mal kritisch hinterfragend kommentierte.
Meyer, der seine Texte zusammen mit Anna Maria Glaudemans Andreina (deren Deutsch nicht ganz perfekt war) spannend vortrug, hatte jene in aktueller Sprache geschrieben, wodurch sich der biblische Stoff anschaulich in die heutige Zeit transferieren liess. So schuf etwa der Begriff "Terroristennester" eine geradezu beklemmende Assoziation zu Geschehnissen der letzten Zeit.
Monumental
Die Aufführung hatte etwas Monumentales: Neben den beiden Chören, die zusammen einen einzigen riesigen Chor bildeten, wirkten im musikalischen Bereich eine siebenköpfige Ad-hoc-Jazzband und zwei Gesangssolisten mit. Bisweilen erwies sich die Balance zwischen den einzelnen Gruppen als etwas diffizil: So hatten etwa die Männerstimmen – im Vergleich zu den Frauenstimmen ohnehin schon untervertreten – im Schlusschor Mühe, sich gegen die Band durchzusetzen.
Die Gesangsleistung der Chorsängerinnen und -sänger, die äusserst viel zu singen hatten, kann jedoch nicht hoch genug eingestuft werden. Die Intonation war meist sehr sauber, und die Aufmerksamkeit dem Dirigenten Hansjakob Egli gegenüber ermöglichte eine grosse Palette von gestalterischen Nuancen. Die Begeisterung für die Sache war spürbar.
Dadurch ging vom Chor etwa als Repräsentant des Volkes eine grosse Kraft aus. Auch einige szenische Momente wurden dem Chor übertragen - Gesten und Bewegungen, die auf grosse Wirkung angelegt waren. Zur Hauptsache war für die sparsam eingesetzten szenischen Aspekte (Koordination: Livio Andreina) jedoch die Dance Company der Kantonsschule Beromünster (Leitung Heidi Knüsel) verantwortlich. In moderner Choreografie setzten die jungen Frauen ausgewählte Szenen eindrucksvoll um.
Die Aufteilung in eine szenische Ebene mit aktuellen Bezügen (im Text und Tanz) und eine historische Bibelchronik in der eigentlichen, weit gehend konzertant dargebotenen Musical-Story (akzentuiert mit schlichten langen und weiten Gewändern und Sandalen) kam nicht zuletzt der Musik selbst zugute. Denn deren Qualitäten rechtfertigten den Verzicht auf einen weiter gehenden szenischen Aktivismus durchaus.
Herausragend
Als herausragend entpuppten sich dabei die beiden Gesangssolisten Susanne Petersen – die kurzfristig eingesprungen war – und Bruno Rigassi. Ihre Partien waren ausserordentlich anspruchsvoll, und doch hatten beide Solisten eine solche Ausstrahlung und Natürlichkeit, dass man diese Schwierigkeiten kaum wahr nahm. Petersen wie Rigassi schafften den Spagat zwischen klassischem und jazzigem Gesang, zwischen Show und Ernsthaftigkeit.
So vielfältig wie die Musik war das Publikum: Von ganz Jung bis Alt war jede Altersklasse vertreten und offensichtlich begeistert. Und wer die eingängigen Melodien gerne weiterhin im Ohr haben wollte, konnte sich am Ausgang bereits eine CD kaufen, die am Ende der Probezeit aufgenommen worden war.
Nicole Bucher, Neue Luzerner Zeitung